In der diesjährigen Projektwoche boten die Geschichtslehrer Frau Wibel(D) und Herr Fegel(F) wieder einmal ein besonderes Projekt an, das auf so großes Interesse bei den 6. Klässlern stieß, dass sich mehr Schüler anmeldeten, als für das Projekt vorgesehen waren. Hintergrund ist ein hochinteressanter Rundgang, den der Stadtjugendausschusses Karlsruhe zusammen mit dem Historischen Institut der Universität Heidelberg ausgearbeitet hat: Auf diesem multimedialen Stadtspaziergang zu Stätten des Nationalsozialismus in Karlsruhe konnten die Schüler auf ihren Smartphones weitere Informationen, Quellen, Statistiken etc. abrufen. Frau Wibel und Herr Fegel hatten 17 Stationen ausgesucht, für die jeweils ein Schüler ein einführendes Referat vorbereitet hatte.
Angefangen wurde bei einem besonders wichtigen Punkt für die Erinnerung an Nazi-Verbrechen, der Gedenkstätte für die alte Karlsruher Synagoge in der Kronenstraße, ein Gebäude des für Karlsruhe prägenden Architekten Durm an der Stelle, an der ursprünglich Weinbrenner eine erste Synagoge errichtet hatte. Das bedeutende Bauwerk wurde wie so viele andere auch in der „Reichspogromnacht“ am 9.11.38 abgebrannt. An Einzelschicksale wurde bei dem folgenden Rundgang durch die „Stolpersteine“ erinnert, die zum Gedenken an Juden, die die Nationalsozialisten aus ihren Häusern und Wohnungen vertrieben hatten, in das Pflaster eingelassen wurden.
So kam die Gruppe zum Platz vor der Kleinen Kirche und dem Marktplatz, wo u. a. der bald darauf im KZ Kislau ermordete sozialdemokratische Politiker Ludwig Marum durch die grölende Menge der Zuschauer Spießruten laufen musste. Anschließend ging es zum ehemaligen badischen Innenministerium am Schlossplatz, an dem eine Gedenktafel an die barbarische Bücherverbrennung auf dem Schlossplatz erinnert. Aus der Kunsthalle unmittelbar daneben wurde „entartete“ Kunst entfernt und zerstört.
Im Bismarckgymnasium wurden die eroberten Elsässer Lehrer gegen ihren Willen auf Hitler eingeschworen.
Die Schüler waren in ihrem Element. Sie drängten unermüdlich weiter zu den nächsten Schauplätzen, dem Gefängnis in der Riefstahlstraße, dem ZKM, der ehemaligen Munitions- und Waffenfabrik, die für die neuen musealen Zwecke so viel besser geeignet ist, dem Braunen Haus, dem Sitz der Nazi-Führung unter Gauleiter Robert Wagner, in dem politische Gegner gefoltert wurden, dem Hotel Nassauer Hof in der Kriegsstraße, in dem die Juden auf ihre Deportation warten mussten …. usw.
Einen besonderen Eindruck hinterließ das Denkmal für die Gefallenen der 35. Wehrmachtsdivision; die Soldaten dieser Division waren in schwere Kriegsverbrechen involviert und hatten dennoch schon früh nach dem Zweiten Weltkrieg dieses Denkmal erhalten, während der Millionen Opfer des Nationalsozialismus kaum gedacht wurde. Heute weist eine Hinweistafel auf die Verbrechen der Division hin.
Endlich waren die Schüler geschafft und bereit für eine Mittagspause von einer knappen Stunde im ECE-Center. Gestärkt besuchten wir zum Abschluss die Deportationsstelle mit Gedenktafel am Hauptbahnhof, von der die Karlsruher Juden in das Lager Gurs in Frankreich transportiert wurden.
Der Besuch von Gedenkstätten beeindruckt doch viel mehr als ein paar Seiten im Geschichtsbuch; am Ort der Synagoge konnte man sich den Brand und das wüste Getobe der Nazis vorstellen, beim Braunen Haus in der Ritterstraße die Schreie der Gefolterten und das anmaßende Auftreten des Gauleiters, am Hauptbahnhof die Elenden, die in aller Eile ihre Wohnungen hatten räumen müssen und mit wenigen Habseligkeiten dastanden und nicht wussten, was ihnen geschehen würde.
Obwohl an diesem Tag mehr als 13 Kilometer zurückgelegt worden waren, erschienen am folgenden alle Schüler mehr als pünktlich im Computerraum und jeder stellte seinen eigenen Beitrag sowie eine gemeinsame Plakatwand mit allen 17 Schauplätzen zusammen.
Der „Stadtspaziergang auf den Spuren des Nationalsozialismus“ wurde am Tag der offenen Tür den Besuchern vorgestellt und von den Schülern erklärt.
Die betreuenden Geschichtslehrer waren hochzufrieden und stolz auf die Leistung ihrer Schuler.